Red Famine - Holodomor: Die große Hungersnot 1932/33 in der Sowjetunion

Reguläre Seminarveranstaltung am Historischen Seminar der Universität Heidelberg
Prof. Dr. Tanja Penter
Historisches Seminar (HIST)
Ü4

Der großen Hungersnot der Jahre 1932-33, die im Zusammenhang mit der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft stand, fielenin der Ukraine über 3,5 Mio Menschen zum Opfer. Viele ukrainische Historiker verstehen die Hungersnot als Genozid am ukrainischen Volk, wenngleich dies in der internationalen Forschung umstritten ist. In der heutigen Erinnerungskultur nimmt das Gedenken an die Opfer der Hungersnot eine zentrale Rolle ein und steht im engen Zusammenhang mit Nationsbildungsprozessen. Im Rahmen des Seminars werden unterschiedliche Ansätze und Interpretationen in der Forschungsliteratur über die Ursachen der Hungersnot diskutiert, darunter auch die jüngste Historikerdebatte zum Buch von Anne Applebaum. Der ukrainische „Holodomor“ wird in den Gesamtkontext der Hungersnot in der Sowjetunion gestellt und vergleichend zu den Hungersnöten in Kazachstan und Russland betrachtet. Zudem werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit weiteren Hungerkatastrophen im Staatssozialismus, in der Sowjetunion sowie in der VR China, einschließlich der unterschiedlichen heutigen Erinnerungskulturen diskutiert. Vor dem Hintergrund neu zugänglicher Archivquellen (in Übersetzungen) wird der Blick auf die individuelle Wahrnehmung und Praxis der Hungerkatastrophe gerichtet. Zu diesem Kurs wird es ein semesterbegleitendes Online-Angebot geben.

Literatur: Anne Applebaum: Red Famine: Stalin’s War on Ukraine, N.Y. 2017; Vernichtung durch Hunger. Der Holodomor in der Ukraine und der UdSSR, Themenheft Osteuropa 54 (2004); Matthias Middell/ Felix Wemheuer (eds.): Hunger and Scarcity under State-Socialism, Leipzig 2012.