Ausbruch neuer Energie: Wolodymyr Iwasjuk – Ein Leben als Lied

Kategorie: Nachrichten

22.5.2020

Ukrainischer Sänger und Komponist: Wolodymyr Iwasjuk"Andere Nationen singen in ihrer eigenen Sprache, und niemand nennt sie Nationalisten. Wir Ukrainer werden von Anfang an zu Patrioten, wenn unsere Mütter uns ukrainische Schlaflieder vorsingen. Deshalb werden wir in Konzentrationslagern umerzogen ... "- Wolodymyr Iwasjuk.

Freunde erinnern sich an ihn als interessante Person, in deren Gesellschaft niemand ein Kind von Traurigkeit bleiben konnte. Iwasjuk war äußerst talentiert und kreativ. Im Alter von 30 Jahren schaffte er es, mehr als 100 Lieder zu schreiben, auch im klassischen Genre. 1974 wurde sein Lied "Wodohraj" beim Sopot-Festival in Polen als bestes Lied ausgezeichnet. Später, 1977, gewann Sofija Rotaru diesen Wettbewerb mit Iwasjuks Lied "Der Frühling hat seinen eigenes Schicksal".

Freunde und Verwandte erinnern sich an Iwasjuks kreative Energie und nennen dieses Phänomen einen Strom, eine Schnelligkeit von Melodien, die harmonisch mit dem Wort verflochten sind und Motive aus den Karpaten hervorbringen. Wolodymyr Iwasjuk gelang es, Lieder zu schreiben, die sofort zu Hits wurden. Iwasjuk war der erste, der ukrainische Lieder im Sinne der Zeit populär machte. Seine Lieder eroberten die Herzen von Ukrainern auf der ganzen Welt und erobern sie berühren auch heute noch. Es gibt praktisch keinen Ukrainer, dem "Tschererwona Ruta" und andere Lieder Iwasjuks unbekannt sind.

In diesen Tagen, am 22. Mai, fand 1979 in Lwiw (Lemberg) die Beerdigung dieses jungen, talentierten Künstlers statt. Wir erinnern uns mit Dankbarkeit an den Ukrainer, der unsere Welt verändert hat.

Ihm wurde angeboten, von Lemberg nach Moskau zu ziehen, um dort Karriere zu machen, aber er lehnte dies kategorisch ab.

Ein Freund von ihm, ein bekannter Lemberger Fotograf und der Schwager des Künstlers, Ljubomyr Krysa, erinnert sich: "Wolodja war weit von der Politik entfernt, aber eines Tages sagte er zu seinem Vater: "Ich bin alt genug, um gekreuzigt zu werden. Ich bin nun 30 Jahre alt und habe den Punkt erreicht, an dem ich wie Jesus Christus gekreuzigt werden kann. "Als er dies sagte, standen mir die Haare zu Berge, um ich empfand Frost auf meiner Haut. Wir wissen nicht, was ihn zu dieser Aussage bewogen hat. Es ist offensichtlich, dass der KGB ihm schon lange gefolgt war und er Gründe für solche Worte an seinen Vater hatte. Er war ein sehr fröhlicher und lebensfroher Mensch. Er wurde geboren, um zu schreiben. Das war sein Ziel, seine Aufgabe in dieser Welt."

Am 24. April 1979 erhielt der talentierte Künstler einen Anruf und verließ sein Zuhause. Nachdem er nicht zurückgekehrt war, meldeten die Eltern das Verschwinden ihres Sohnes der Polizei (Miliz), die sich allerdings Zeit ließ. Vom 27. April bis 11. Mai wurde nach dem Vermissten gefahndet. Jedoch erst am 18. Mai 1979 wurde Wolodymyrs Leiche in einem Wald nahe Lwiw auf dem Territorium einer Militäreinheit gefunden. Es wurde sehr schnell eine Version, die Selbstmord als Todesursache angab, vorgebracht und der Fall wurde für abgeschlossen erklärt. Wolodymyr´s Familie konnte dies jedoch nicht hinnehmen und lehnte diese Version kategorisch ab.

Die Behörden konnten in diesem Fall jedoch sehr eindrucksvoll auf ein Schreiben des Regionalen Psychiatrischen Krankenhauses in Lwiw, in dem Iwasjuk einst vorstellig geworden war, um ein Bescheinigung für sein wiederholtes Fernbleiben vom Unterricht am Konservatorium zu erhalten, die mit seiner künstlerisch-musikalischen Tätigkeit zusammenhingen. Dank dieses Papiers, welches ihm „vorübergehende psychologische Probleme“ bescheinigte, konnte er sein Studium am Konservatorium fortsetzen.  

Wir möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass in der UdSSR in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren eine Praxis des systematischen Einsatzes der Psychiatrie zur Isolierung von Dissidenten in der UdSSR weit verbreitet war. Statt Querulanten und Oppositionelle einfach zu erschießen oder in Lagern zu quälen, entschied man sich dafür, sie einfach für verrückt zu erklären und sie mit Mittel der Psychiatrie zu brechen oder zugrunde zu richten. Es gibt auch heute Anzeichen dafür, dass das Russland diese Praxis im Kampf gegen Andersdenkende wiedereinsetzt. Vor Kurzem wurden die Krimtataren und politischen Gefangenen Yashar Muedinov und Raim Aivazov in die Zwangspsychiatrie eingeliefert.

Ukrainische Briefmarke zur Erinnerung an W. IwasjukZurück zu Iwasjuk.  Die offizielle Version der Sowjetbehörden über den angeblichen Selbstmord Iwasjuks erscheint nicht nur aus heutiger Perspektive zweifelhaft. Doch damals, im fernen Jahr 1979, wurde entschieden, den Fall abzuschließen. Erst 2014 wurde es wieder wiedereröffnet. Forensiker kamen 2019 zu dem Schluss, dass der Komponist und Sänger Wolodymyr Iwasjuk keinen Selbstmord begangen haben konnte. Oleksandr Ruwin, Direktor des Kyjiwer Forschungsinstituts für Forensik, sagte in einem Interview für die Presseagentur Ukrinform: „Als Ergebnis eins Experiments, in dem die genauen Bedingungen des Tatortes nachgestellt wurden, wurde festgestellt, dass selbst eine körperlich sehr starke Person nicht in der Lage gewesen wäre, diesen Knoten zu knüpfen und dann Selbstmord zu begehen. Es ist offensichtlich, dass dies nicht ohne fremde Hilfe möglich ist. "

Die damaligen Behörden verboten eine Bestattung des Komponisten auf dem berühmten Lychakiw-Friedhof in Lwiw. Nachrufe und Beileidsbekundungen an Iwasjuks Familie durften nicht in den Zeitungen veröffentlicht werden. Und am Tag der Beerdigung wurden genau zu dieser Zeit überall Komsomol- und Parteitage mit Anwesenheitspflicht organisiert. Doch auch diese Störaktionen hinderten die Menschen, trotz der Drohung, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, nicht daran, an der Beerdigung teilzunehmen. Die trauernden Menschen begleiteten Wolodymyr mit ukrainischen denjenigen Liedern, die er lebte, die er erschuf, die er liebte und die er populär machte.

Iwasjuks Grabstätt auf dem Lytschakiw-Friedhof in Lwiw

Es ist diese Liebe zu ukrainischen Liedern, zur Kultur, Sprache, zu unseren ukrainischen Traditionen, welche die Ukraine zur Ukraine und uns Ukrainern macht.

Wir sind Dir dankbar und vergessen Dich nicht!

 

 

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